In der Webgesellschafts-Vorlesung fragen wir seit dem Sommersemester 2011 danach, wie das Internet die Unternehmen, die Politik und die Gesellschaft verändert. Wir erleben den Übergang von einer Gesellschaft, die sich auf die „Massen“ stützt, zu einer Gesellschaft, in der das Web das neue Leitmedium ist. Die Webgesellschaft wird stärker durch kooperatives Handeln geprägt sein, so die Forschungshypothese.
Dazu haben wir im letzten Sommersemester (2012) unter anderem die Politik im Web (direkte versus repräsentative Demokratie), Unternehmen im Web (was „bringt“ Social Media?), die Zukunft der Arbeitsgesellschaft, den Strukturwandel der Öffentlichkeit, den Wandel der Mobilität und die neue Remix-Culture im Web betrachtet.
In der Vorlesung haben wir verschiedene Sichtweisen auf die Kooperation entworfen – in insgesamt zehn PechaKucha-Vorträgen (20 Folien á 20 Sekunden) der Studenten. So wurden in einem PechaKucha-Vortrag zum Beispiel die Pro- und Contra-Argumente zur „flüssigen Demokratie“ präsentiert. In sechs Minuten und vierzig Sekunden. Durch dieses Format wurden die Studenten „gezwungen“ ihre Argumente genau zu strukturieren und gut zu präsentieren. Durch die Zuspitzung auf These und Anti-These konnten auch zurückhaltendere Teilnehmer im Plenum aktiviert werden, ihre Meinung zu vertreten. Didaktisch haben wir uns an etablierten Micro-Teaching-Ansätzen orientiert: Die Studenten haben sich untereinander selber den Wandel zur Webgesellschaft erklärt – und damit auch einen wichtigen „Prüfungsstoff“ der Vorlesung selber erarbeitet.
Auch in diesem Semester werden die Vorträge bei YouTube hochgeladen und hier im Blog veröffentlicht (zu finden unter dem Schlagwort „Webgesellschaft“ in der Tagcloud), mit einer Zusammenfassung des Vortrags, weiterführenden Quellen und den Ergebnissen der Diskussion. So entsteht im Laufe des Semesters ein multimediales Vorlesungsskript.
In der Vorlesung folgen wir einem diskursiven Verständnis der Webgesellschaft. Die Studentengruppen erarbeiten die relevanten Pro- und Contra-Argumente zu Ihrem Thema selbstständig. Wo aus Sicht des Plenums oder des Dozenten wichtige Argumente oder entscheidende Inhalte fehlten, ergänzen wir diese in der Diskussion oder später als Kommentar zum Blogeintrag der Gruppe. Um Material zu sammeln oder Fragen unkompliziert stellen zu können, haben wir für die Vorlesung eine (freiwillige) offene Facebook-„Webgesellschafts“-Gruppe eingerichtet.
In diesem Semester gibt es in der ersten Halbzeit (bis zum 10.5.2013) eine mehr oder weniger „klassische“ Vorlesung, in der wir die aus unserer Sicht wichtigsten Theorien, Themen und Gestaltungsansätze zur Webgesellschaft referieren. In der zweiten Halbzeit, ab Mitte Mai, verstärken wir dann den seminaristischen Part in der Vorlesung mit den PechaKucha-Vorträgen der Studenten.
Die Webgesellschaft – und überhaupt: der „Vorlesungsstoff“ – ist nicht ausschließlich das, was der „Lehrer“ den „Schülern“ vorliest, sondern das, was wir gemeinsam daraus machen. Auch das soziale Web entsteht erst durch unseren Gebrauch. Das gefällt mir immer besser…Weiter geht’s!
Gerald Fricke