„Kommunismus Pro“: Die Killer-App ist endlich da!

Ein Gespenst geht um im Internet. Vor einem Monat öffnete der neue Mac-Appstore seine Pforten und heute steht der große Gewinner fest: Die „Kommunismus-App“, ein kleines flottes Programm, das nicht weniger verspricht als die Umwälzung der Produktionsmittel und die Befreiung der kreativen Wissensarbeiter von kleinen runden Dings, äh, Silberscheiben.

Programmiert wurde die Applikation von einem Kommunismus-Kompetenz-Team der Christlich Sozialistischen Union (CSU) unter der Leitung Peter Ramsauers und der Schirmherrschaft Franz-Josef Straußens. „Diese Kommunismus-App holt die urbanen Penner von der Straße“, so der versierte Verkehrsminister Ramsauer am Rande der traditionellen Tagung des Zentralkomitees der CSU in Wildbad Kreuth. Zugleich kritisierte der überzeugte Geradeauslenker die Partei „Die Linke“ und Gesine Lötzsch für ihren „durchschaubaren“ Versuch, den Sozialismus in Deutschland per Gesetz wieder einzuführen, und zwar „gegen die Menschen“. Stattdessen müssten wir jetzt alle gemeinsam den Schritt vom etatistischen Sozialismus zum Kommunismus der Herzen wagen.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ging in ihrer Sylvesteransprache auf diese Debatte ein: „Der Sozialismus ist auf allen Gebieten gescheitert, wie uns die Geschichte zeigt: Obamas sozialistische Gesundheitsreform wird von den Republikanern wieder abgeschafft, die sozialistische Europäische Union ist ebenso gescheitert wie die Sozialgesetzgebung der früheren Kanzler Kohl und Bismarck.“ Die Menschen hätten genug vom Sozialismus, sie wollten einfach das „gute Leben“, einen hedonistischen Spaß-Kommunismus genießen. Die Genossen Koch, Köhler und Ole von Beust hätten hier die richtigen „Wege in die Freiheit“ (André Gorz) und das „Paradies der Werktätigen“ (Karl Marx) gewiesen.

Auch der erfolgreiche Buchautor Hans „Olaf“ Henkel lobt dieses „mutige“ Programm der CSU. „Deutschland kann mehr! Mit der Kommunismus-App zeigt die CSU auch ein Herz für alte verwirrte Zausel. Das Programm ist ganz einfach zu laden, sogar für Griechen, mit einem Mausklick zu installieren und sofort anzuwenden. Bezahlt wird natürlich mit der guten alten D-Mark.“

Entwicklungschef Peter Ramsauer zeigte schon auf der letzten CSU Keynote in Cupertino, wie es geht: Für „Kommunismus Lite“ einfach 1,79 DM in den USB-Anschluss einführen, „Kommunismus Pro“ kostet 3,99 DM (bitte passend, der Rechner kann nicht herausgeben). „Wir empfehlen den Nutzerinnen und Nutzern natürlich Kommunismus Pro, da sind automatisch auch das Einparteiensystem und die Verstaatlichung der Banken mit dabei. Unsere Kernkompetenz in Bayern, eben.“ Frau Lötzsch und den Linken aber droht Ungemach: „Wir werden ganz genau beobachten, ob mit dem gescheiterten Sozialismus der Linken Software-Patentrechtverletzungen vorliegen!“.

Einziger Wehrmutstropfen für viele interessierte Bürger: 30 Prozent der Einnahmen aus „Kommunismus Lite“ und „Kommunismus Pro“ müssen an die amerikanische Firma Apple abgetreten werden. Aber damit, so beruhigt Apple-Chef Steve Jobs die bayerische Entwicklergemeinschaft, sollen ausschließlich die Pensionszahlungen für Horst Köhler geleistet werden. So komme die D-Mark schließlich doch noch „nach Hause“. Deutschland sagt danke!

Gerald Fricke

 

Historische Texte (29): „Momentum“ – Persönlichkeiten bei der „Denke“

Gegen die Standarddenke!

Das kreativste Buch der „zwei kreativsten Persönlichkeiten“ in 1,7 Sekunden

Von Gerald Fricke

 „Die durchschnittliche Betrachtungsdauer einer Anzeige beträgt 1,7 Sekunden. Das mag erschrecken“, sinnieren Holger Jung und Remy von Matt. Doch auch die „Zeitspanne vom letzen Schlag Muhammad Alis im ‚rumble in the jungle‘ bis zur Ankunft von George Foremans Kopf auf dem Ringboden betrug 1,7 Sekunden. Fast dreißig Jahre später ist dieser Moment aus Millionen Köpfen nicht gelöscht. In der modernen Kommunikation geht es nicht darum, aus 1,7 Sekunden 2,7 Sekunden machen zu wollen“, sondern darum, Platitüden und Ressentiments zu einem … Aber lesen wir weiter: „Es geht vielmehr darum, die 1,7 Sekunden zu einem nachhaltigen Aha-Erlebnis zu machen, das bis zur nächsten Markenwahl hält. Die Hamlet-Frage der Werbung“, ohje, „lautet nicht mehr: Auffallen oder durchfallen? Impact war zwanzigstes Jahrhundert. MOMENTUM IST DIE KRAFT, DIE WERBUNG HEUTE BRAUCHT.“

Keine 1,7 Sekunden braucht es wohl, um Tante Hertha (19. Jahrhundert) mit diesen und ähnlichen Aha-Erlebnissen und Hamlet-Fragen schwer zu begeistern. „Momentun“ ist der vorwitzige Parvenü, der Aufsteiger, der sich nicht damit begnügt, seine zwei, drei Lebensweisheiten aufs Häkeldeckchen zu sticken, nein, nein, für diesen großen Wurf muss ein veritabler Ziegelstein her, mit 350 dicken Karton-Seiten, auf denen viele Bilder und einige Buchstaben, die allerwichtigsten gern im begriffsstutzigen GROSSDRUCK, zeigen, dass „Jung von Matt“ es geschafft hat. Seht her, Audi, Sixt, Cinemaxx, Bahn, alles kreativ und effektiv und voller Momentum. Immer herrlich aufgekratzt und immer im sicheren Hafen des Mainstreams spielt unser Affirmationskapellchen.

Ungefähr 1,7 Stunden braucht es für Leseschwache mit Lesebrille, das Manifest durchzublättern, aber Jung von Matt mussten sogar ihre „Wochenenden und Urlaubstage“ dafür hergeben, das „Gelernte aufzuschreiben und weiterzugeben“; denn jeder der beiden nimmermüden „zwei kreativsten Persönlichkeiten der Werbebranche“ (!) hatte „hundertsechzig Seiten pünktlich abzuliefern“, wie uns Vor-, Nachwort und Klappentext die Schattenseiten des kreativen Schreibens vor Augen führen.

Werbung muss dies und das, integrativ wirken, provozieren, aber nicht zuviel, kreativ sein, aber auch effektiv; jaha, die effektivste Werbung ist nämlich die kreative, „Planer“ und „Kreativer“ müssen sich gegenseitig respektieren, ahja; gute Werbung schleicht sich als trojanisches Pferd in unsere Köpfe. Da sollten wir doch besser nicht mit einer Standarddenke an die Werbung, oder besser: die „Kommunikation“, rangehen, oder? Richtig. „Falsch ist die Standarddenke in der Kommunikation“, so lesen wir gebannt, hinterfragen unsere Standarddenke und staunen wie der Sozialarbeitersound der achtziger Jahre im kreativen Epizentrum Deutschlands Eingang gefunden hat. Neben der vielzitierten „Denke“ geht es, natürlich, im „Wettbewerb pur“, um die „Verkaufe“ und „Vorverkaufe“. Da kann man auch mal Benjamin und Bourdieu heranziehen und eine ominöse „Kritik der Urteilskraft“ von „Kant, E.“ zitieren. E wie E-mmanuel?

Aber, genug der Einwände, hörma uff mit den Schlaumeiern. „Immer wieder haben wir in unserer Laufbahn Kollegen erlebt, auf die die folgende Steigerung zutraf: gescheit, gescheiter, gescheitert“, hehe, so ist das nämlich!

Holger Jung/Jean-Remy von Matt: Momentum. Die Kraft, die Werbung heute braucht, Lardon Media, Berlin 2002. 351 S.

Die AutoSphere der Autostadt

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Von 2003 bis 2005 habe ich die Themen der Autostadt (Freiheit, Leistung, Heimat etc.) in das Online-Feuilleton „AutoSphere“ eingebunden. Neben unseren Kolumnen und Spielen gab es auch schöne Ansätze zum „Mitmachen“ – die Nutzer konnten Ihre Heimat-Bilder einschicken und bewerten, gegenseitig zum Wettrennen antreten („Leistung“), Freunde einladen und Grüße verschicken.
Hier einige historische Screenshots aus dem „Web 1,5″…